
Infotainment-Systeme 2030
Warum alle E-Autos mit Android Automotive laufen werden, Google jetzt schon gewonnen hat und welche Preise noch zu holen sind
Zukunft
Auf der IAA 2021 in München hat VW den ID Life vorgestellt, ein Auto das alles über das mitgebrachte Handy abdeckt. VW macht sehr viel richtig aktuell, aber so 100% ist die E-Mobilität noch nicht verinnerlicht.
Beim Verbrenner passiert nichts, es steht am nächsten Tag im besten Fall genau so da wie man es verlassen hat. Beim E-Auto ist es anders: beim Parken lädt es, und in Zukunft wird es sich sogar entladen wenn das Stromnetz gestützt werden muss.
Ab 2023 geht es mit bidirektionalem Laden los, der Akku wird dann auch entladen, das Auto nimmt intelligent am Energiemarkt teil.
Ab 2025 sind Solardächer auf PKW Standard, der Ioniq 5 mit dem Solardach von Webasto zeigt heute schon wo die Reise hingeht, einige Kilometer am Tag sind drin.
Bis 2030 werden immer mehr Autos in der Stadt Teil von Sharing- und Abomodellen sein. Startups wie “StreetCrowd” sind bereits am Start und bieten an, Sharing-Autos umzuparken - entweder in Geschäftsgebiete fahren wo sie benötigt werden, zu Ladestationen fahren oder zurückbringen an die Basis.
Alle Anwendungsfälle haben gemeinsam, dass das Auto eigene Rechenleistung benötigt und dauerhafte Connectivity (“always on”). Bisher sind die meisten Autos immer noch auf dem Status der Nokia-Handys, komplette, aber geschlossene Systeme ohne Appstore.
Akzeptiert man erstmal, dass zukünftige Fahrzeuge über Apps erweitert werden können, dann ist klar, dass viele Firmen die Gelegenheit ergreifen werden und eigene Apps in die Fahrzeuge bringen. Der Wunsch ist schon lange da, und die Firmen werden die Apps auf eigene Rechnung entwickeln - und das Auto als aktives Asset in ihr Produktangebot integrieren.
Versicherungen
Autoreinigung, Fahrzeug-Inspektion
Lieferdienste (“Einkauf direkt in den Kofferraum)
Auto als Erholungsraum: Spiele und Unterhaltung (sehr gut zu sehen bei Tesla, Playstation-Leistung gegen “Ladeweile”, die Langeweile beim Laden, sogar der PS4-Controller kann inzwischen genutzt werden)
Auto als Arbeitsplatz: Integration von Firmen-IT (z.B. Ladepause genau zur wichtigen Telco, damit man nicht mitten in der Telco anstecken muss)
Tiefere Integration des Fahrzeugs in das Mobilitäts- und Energienetz über Sharing (Akku und Transport)
Ein solches Fahrzeug braucht keinen TÜV alle zwei Jahre mehr, es kann sich besser selber prüfen als jede periodische Fahrzeuginspektion.
Daten - Fehl-Annahmen
Das erste Auto mit Android Automotive war der Polestar 2. Seit einem Jahr haben wir den im Fahrzeugpool, und zwei Apps bereits über den Android Automotive Appstore ausgerollt. Über 12 Millionen Datensätze konnten wir bereits sammeln aus mehreren tausend Fahrzeugen.
Wir bieten ab 2022 an Apps für Android Automotive zu schreiben und haben dafür einen Baukasten entwickelt um in weniger als vier Wochen eine erste version auszurollen - über den normalen Google-Store im Fahrzeug. In den Gesprächen mit Kunden haben wir festgestellt, dass es noch eine ganze Reihe Fehl-Einschätzungen gibt.
Wir haben eine Test-App gebaut, die versucht, mit maximaler Frequenz Daten vom Auto und den Sensoren zu erfassen. Zudem überträgt die App auch, welche Sensoren verbaut sind. Dabei sind uns folgende Aussagen begegnet:
Fehl-Annahme: Es gibt keine Hintergrund-Prozesse - man muss die App bei jeder Fahrt neu starten
Das ist schlichtweg falsch. Android Autmotive basiert auf Android, und jeder der ein Handy hat weiß, dass es dort Hintergrundprozesse gibt. Und natürlich kann sich eine App dafür registieren. Ich war zwei Wochen im Urlaub, das Auto stand zwei Wochen einfach da. Natürlich liefen die Apps weiter. Die App muss nach der Installation einmal gestartet werden. Und ja, der Nutzer kann sie manuell beenden, dann kann man ihm jedoch eine Push-Nachricht schicken.
Fehl-Annahme: Es gehen nur Musik-Apps
Das ist so halb richtig. Google gibt App-Kategorien nach einem Phasen-Plan frei. Musik- und Kommunikations-Apps haben den Anfang gemacht. Danach kam Laden, Parken und Navigation. Insgesamt gibt es 30 Kategorien, aber nur weil heute eine Kategorie nicht freigegeben ist, heißt das nicht, dass es morgen nicht soweit ist. Apps im Store umfassen inzwischen Arcade-Spiele, Apps für Park-Gebühren, Video-Apps um im Stand Nachrichten zu schauen, und auch ein Webbrowser ist möglich um im Stand im Internet zu surfen. Eine gewisse Flexibilität braucht man ,aber wenn es einfach ist könnte es jeder.
Fehl-Annahme: Die Daten sind zu schlecht
Den Beweis könne wir inzwischen auf der Sach-Ebene antreten. Eine App von uns erfasst die Daten vom Beschleunigungs- und Gyrosensor 100 mal pro Sekunde und legt diese in einem Ringspeicher ab. Kommt es zu einem besonderen Ereignis, werden die Daten der letzen 45 Sekunden zu uns auf den Server geladen, über 9.000 Datensätze, komprimiert auf 120 kB. Im Polestar ist ein ASM330LHH verbaut. Der hat eine Genauigkeit von ±16 g, ±125 bis ±4000 dps. Damit kann man durchaus arbeiten.
Dazu bekommt man natürlich auch Fahrzeug-Daten, vom Akkustand bis zu den “Wheel Ticks” - der Umdrehung jedes Rades einzeln in 1/48steln (=ABS Kranz). Natürlich auch GPS und Geschwindigkeit, sowohl die, die dem Fahrer angezeigt wird, also auch die gemessene.
Es gibt auch Dinge die stimmen:
Man kann keine Aktionen ausführen. Android Automotive kann Aktoren auslösen wie Türen entriegeln oder die Sitzheizung einschalten. Diese Funtionen sind jedoch geschützt und dem OEM vorbehalten. NAtürlich kann Android Automotive die Sitzeheizung einschalten, wenn man “Hey Google, schalte die Sitzheizung ein” sagt. Es kann sogar erkennen, wer im Auto das sagt. Third Party Apps können das aktuell nicht - wenn man das zwingend braucht, muss man das Gespräch mit den OEMs suchen.
Volvo und Polestar fahren die “Embrace” Strategie, und bieten sogar aktiv an, Zugriff auf Fahrzeugfunktionen zu gestatten - mit dem Ziel, das die innovativsten Apps in Zukunft in der Volvo/Polestar Familie zu finden sind. Und aktuell gibt ihnen die Strategie recht, die ersten Spiele für die Ladepause gibts exklusiv bei Volvo, und auch das bezahlen von Parkplätzen in Parkhäusern und auf öffentlichen Parkplätzen ist ein “Volvo First”.
https://www.polestar.com/de/developer/
Der Elefant im Raum
Es werden immer zwei Gründe ins Feld geführt, warum man nicht auf ein Google-OS setzen möchte:
Kundendaten nicht weitergeben
Erlöse nicht teilen
Das Argument mit den Kunden-Daten ist ein Schein-Argument. Google ist bereits in jedem Auto, sogar im 20 Jahre alten Golf: im Handy auf dem Beifahrersitz, in der Mittelkonsole auf der Ladeschale. Google kann das Stau-Ende so genau voraussagen weil in 80% der Fahrzeuge mindestens ein Google Handy liegt. Der “Elephant in the Room”. Keiner schaltet sein Handy während der Fahrt ganz aus.
Ein weiterer Grund ist, dass man keine Erlöse teilen möchte. BMW feiert 20 Jahre Connected Drive. Ganz hart gesagt, welchen Umsatz macht BMW denn genau mit digitalen Diensten, jenseits der drei Jahre die Gratis mitgegeben werden? Die Verlängerungsrate bei verbrennern ist marginal, beim E-Auto brauchen die Leute den Basis-Dienst damit sie wissen ob es an der Ladesäule einen Ladefehler gibt und den Akku-Stand prüfen können, aber sonst? Wer kauft bei Porsche für 49 Euro eine Wetter-App die es auf jedem Handy gratis gibt? das wird nur gekauft, weil man es muss. Kein Mensch würde für einen 10 Zoll Monitor im Mediamarkt 3.000 € zahlen. Das zahlt man im Auto nur, weil man es bei nur einem Anbieter bekommt, dem OEM. Und was machen die Kunden, sie spiegel aktuell ihr Handy mit Android Auto und CarPlay in das 3.000 € Display.
Apple und Google werden gerade dazu verdonnert, in Apps auch alternative Bezahlfunktionen anzubieten ohne eine 30% Gebühr abzuführen. Damit kann man die Erlöse selber vereinnahmen im Auto, das Argument “ich will nciht teilen” entfällt.
Im Ergebnis heißt das nur eins, ein Wegducken gibt es nicht, man muss sich damit auseinandersetzen.
Probleme
Für ein E-Auto entstehen so handfeste Probleme. Für maximale Ladeleistung am Schnellader muss man vorheizen. Aber wenn der Kunde nicht die Onboard-Navigation nutzt, weiß das Auto gar nicht, dass es. zum Schnellader fährt und kann die Funktion nicht einschalten. Gerade bei den modernsten ZEll-Chemien für günstige Autos wie LFP, die ganz massiv das Vorheizen brauchen, wird das Handy als Ersatz für innovatives Infotainment zum Problem.
Die Unzulänglicheiten werden dazu führen, dass man ünber alle Fahrzeug-Klassen auf Android Automotive mit Google Diensten setzen muss. Im unteren Segment mit LFP-Akkus aufgrund von Notwendigkeit, in den höheren Klassen weil die Kunden einfach erwarten, dass ihr Auto 24/7 für sie zur Verfügung steht, mit bidirektionalem Laden, Ladepausen getaktet mit dem Terminkalender zur Telco, eventuell bei einem guten Kaffee.
Lösung
In Summe wird es so enden:
Android Automotive wird der Standard werden
Die OEMs können nach wie vor eiegen Apps bringen, die das optimum aus dem Fahrzeug herausholen
Wir werden neue Apps im Auto sehen, die das Asuto 24/7 mit bestehenden Plattformen verbinden, für ganz neue Angebote
Im Appstore trägt jeder Kunde seine App-Entiwcklungskosten selbst. Bei den bestehenden Fahrzeeug-Ang eboten muss der OEM jede App alleine entwickel, das Modell “Nokia”. Spiele sind auf “Snake” nievau, wärhend Third Party Entwickler auf einem ganz anderen Level arbeiten
Appstore
Der Erfolg von Windows basierte darauf, dass Microsoft das Betriebssystem hatte und das Office-Paket, das es viele Jahre nur für Windows gab. Es war der Standard. Noch heute sind viele Funktionen nur in den Windows-Versionen enthalten.
Der Erfolg von Google ist noch tiefer verankert: Android, Google Maps,
Aktuell hat es nur Amazon geschafft, einen alternativen Appstore wirklich zu etablieren auf dem Kindle HD Reader. Was hier möglich war, weil auf einem eReader eine Google Maps App keine Rolle spielt. Auf Mobilgeräten sieht es anders aus, das Amazon Kindle Handy ist gescheitert, der Samsung Galaxy Store fristet nach 12 Jahren immer noch ein Nischendasein, obwohl er auf über einer Milliarde Samsung-Handys vorinstalliert ist.
Hybrid
Links
“Neue Welt”: Daten direkt vom Device
Polestar Developer Portal
https://www.polestar.com/de/developer/
Samsung Developer Portal
https://developer.samsung.com/galaxy-store
Amazon
https://developer.amazon.com/de/
“Alte Welt”: Daten ausschließlich vom OEM
Mercedes Benz
https://developer.mercedes-benz.com/home/developer
BMW
https://bmw-cardata.bmwgroup.com/thirdparty/public/home
Tesla